Spargellehrpfad

Auf den Spuren des königlichen Gemüses!

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R(h)eine Kraft

Leben am und mit dem Rhein war früher nicht immer einfach. Vor seiner Begradigung gab es ca. alle drei Jahre verheerende Überschwemmungen, die ältesten Berichte reichen bis ins Jahr 1206 zurück. Es dauerte jedoch bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, bis der Kanton St. Gallen gemeinsam mit dem Kaiserreich Österreich-Ungarn und dem Fürstentum Liechtenstein ein regelmässiges Flussbett erstellte. Zahlreiche Staatsverträge, bauliche Massnahmen und zig Jahrzehnte später verläuft der Rhein nun so, wie wir ihn heute kennen. Mit dem grossen Durchstich wurde Diepoldsau im Jahr 1923 zur «Rheininsel».
Auch heutzutage müssen noch Unterhaltsarbeiten und weitere Verbauungen an den Dämmen durchgeführt werden. Die enorme Kraft des Alpenrheins wird ständig überwacht. Dafür zuständig ist die internationale Rheinregulierung. Vielen Rheintalern ist vor allem die Dienstbahn – die Verbindung aus den Steinbrüchen mit den Rheindämmen – ein Begriff. Leider ist das von den Österreichern liebevoll genannte «Rheinbähnle» nur noch als Museumsbahn unterwegs und die Rheinbrücke zwischen Kriessern und Mäder auf der Schweizer Seite bereits zurückgebaut worden.
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Vom Sumpf zu fruchtbaren Feldern

Die gewaltigen Wassermassen, die sich ihren Weg von den Alpen zum Bodensee bahnen, machten aus dem Rheintal eine riesige Sumpflandschaft. Durch spezielle Drainagesysteme wurden diesem Sumpfgebiet über die Jahre fruchtbare Felder abgetrotzt. Die wiederkehrenden Überschwemmungen über mehrere Jahrhunderte lagerten speziell entlang des Rheinlaufs viel Rheinsand ab. Diese Kombination aus verschiedenen Bodenschichten umgibt auch den Schmitterhof.
Der Schmitterhof, ursprünglich aus Sommerstallungen, die 1952 erbaut und 1962 um ein Wohnhaus ergänzt wurden hervorgegangen, betrieb über Jahrzehnte hinweg Viehwirtschaft. Das organische Material, das als Nebenprodukt anfällt, ist die ideale Ergänzung für die mineralischen Böden. Dieser Untergrund bildet einen fruchtbaren Nährboden für den Gemüseanbau und wirkt sich besonders positiv auf den weissen Spargel aus.
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Seit 5'000 Jahren ein Genuss

Grabfresken mit gebündelten Spargeln sollen der Beweis sein, dass bereits die alten Ägypter vor 5’000 Jahren den Spargel gekannt und als «in der Liebe nützlich» geschätzt haben sollen. Da aber der Spargel in Ägypten nicht heimisch ist, dient diese These wohl eher nur findigen Werbern als letztes Argument für einen Spargelverkauf.
Anders Hippokrates von Kos (460 – 370 v. Chr.), der berühmte Grieche, nach dem der ärztliche Eid benannt ist. Er beschreibt die gesundheitlichen Aspekte der Spargel-pflanze. Deshalb war der wildwachsende Spargel für die Griechen ein bewährtes Heil-mittel mit besonders wertvollen Inhaltsstoffen.
Die Römer, nicht nur bekannt für ihre grossen Eroberungszüge sondern auch für ihre kulinarischen Genüsse, waren die Ersten, die den Spargel richtig kultivierten. Marcus Porcius Cato (ca. 234-149 v. Chr.) lieferte eine ausführliche Anleitung, wie man Spargel im eigenen Garten richtig anbaut und jede wohlhabende römische Familie, die etwas auf sich hielt, genoss den Spargel als köstliche Vorspeise (sozusagen der Superfood der 200-er und 100-er Jahre vor Christus).
Mit dem Niedergang des römischen Reiches wurde es erst einmal ruhig um den Spargel. In England und Frankreich war er dann aber zu Beginn des 16. Jahrhunderts wieder weit verbreitet und auch in Deutschland gehen bedeutsame Anbaugebiete, beispielsweise rund um Berlin, bis auf das 17. Jahrhundert zurück. Lange Zeit wurde der grüne Spargel bevorzugt, der Bleichspargel musste sich seinen Platz auf dem Teller also erst erkämpfen. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war der Spargel zudem eine geschätzte Heilpflanze und musste deshalb in Apotheken immer vorrätig sein.

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Nicht ganz so lang, aber

Der Spargelanbau ist kein Zuckerschlecken, nichts für die dümmsten Bauern mit den dicksten Kartoffeln, eine harte Nuss und erfordert eine gehörige Portion Geduld.
Alles beginnt mit dem Spargelsamen, der von Spezialisten in Zuchtbetrieben durch Aussaat herangezogen wird. Im Frühjahr wird dann die einjährige Jungpflanze gerodet und verkauft. Das ist auch der Beginn der aufwendigen Arbeiten auf den Spargelfeldern des Schmitterhofs.
Der April – und somit der Frühling und der grosse Moment – naht. Die Wurzel-stöcke (Rhizome) werden in den gut vorbereiteten Rheintaler Schwemm-landboden eingesetzt. Die Spargelpflanze darf nun während zwei Jahren Nährstoffe und Kräfte sammeln. Vor allem während der Vegetationszeit bedarf die Kultur einer hervorragenden Pflege. Die Staude erreicht bereits im ersten Jahr eine Höhe von einem bis eineinhalb Meter, im zweiten Jahr sind es sogar bis zu zwei Meter! Im Herbst stirbt die Staude jeweils ab, der Wurzelstock bleibt im Boden und treibt im darauf folgenden Frühjahr wieder aus.
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Aller guten Dinge sind drei

Was lange währt, wird endlich gut. Nach drei Jahren werden die Erdhügel im Februar / März mit der Spargeldammfräse 70 cm hoch aufgedämmt. Dadurch müssen die Spargelsprossen vom Wurzelstock bis zum Tageslicht einen möglichst langen Weg zurücklegen. Anschliessend werden die Dämme mit schwarzer Folie abgedeckt. Dies dient zum einen dem Thermoeffekt – eine konstante Erdwalltemperatur und -feuchtigkeit bewirken eine enorme Qualitätsverbesserung. Zum anderen schützt die Folie vor UV-Strahlung.
Gleich neben den Spargelfeldern befindet sich ein Betrieb der Greiner Packaging AG. Der Schmitterhof heizt seine Spargel-felder mit der Fernwärme, die bei der Produktion anfällt. Dafür wurden unter den Dämmen über 70 km Leitungen verlegt. Dank dieser Bodenheizung kann der Schmitterhof ca. zwei bis drei Wochen vor allen anderen Schweizer Produzenten weissen Spargel ernten.
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Erntezeit

Im April sind die Spargeldämme auf den Feldern vom Schmitterhof warm genug und die ersten Köpfe schauen langsam aus dem Boden. Mit einem Laufwagen wird die schwarz-weisse Folie angehoben und die Spargelspitzen, die aus dem Damm herausschauen, werden mit viel Gefühl von Hand ausgegraben. Die Spargelstangen werden dann mit einem langen, scharf geschliffenen Stahl – dem Spargelmesser – gestochen. Das entstandene Loch wird anschliessend wieder mit Erde gefüllt und der Damm mit der Folie zugedeckt. Die Dämme müssen täglich auf erntereifen Spargel abgesucht werden. Dabei gilt, je wärmer die Temperatur desto schneller wächst der Spargel und desto mehr kann geerntet werden.
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Wellness für den Spargel

Nach dem Stechen wird der Spargel umgehend weiterverarbeitet. In der Vorwaschanlage wird der Spargel von grobem Dreck befreit. Danach wird die Temperatur der Spargelstangen mit 0-grädigem Wasser runter gekühlt. Dieser Prozessschritt ist enorm wichtig, da der Spargel aufgrund der warmen Temperatur im Damm weiterwachsen würde und die Qualität und Haltbarkeit negativ beeinflusst würden.
Der blitzblank geputzte Spargel wird nach seiner kalten Dusche in der halbautomatischen Sortieranlage nach verschiedenen Merkmalen sortiert. Von jeder einzelnen Spargelstange gibt es sechs Fotos aus unterschiedlichen Winkeln. Die wichtigsten Selektionskriterien sind das Kaliber, die Grösse, die Krümme, und der Violett-Anteil. Zudem werden die Stangen nach Fremdkörpern wie Metallteilen gescannt. Zum Abschluss wird der Spargel noch gewogen und verpackt.
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Ernte gut, alles gut

Am Ende der Saison lässt man die Triebe der Spargelpflanze auswachsen. Der Spargel kann sich über den Sommer und Herbst regenerieren und neue Kräfte für die kommende Saison sammeln. Im Spätherbst zieht sich dann der Saft in den Wurzel-stock zurück und die dürren Stauden werden abgefräst.
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Der Schmitterhof, mehr als Spargel

1952 als Tratthof mit Sömmerungsbetrieb in den Sommermonaten gegründet, wird der Hof seit 1962 ganzjährig von der Familie Kummer betrieben. Die Produktion blieb dabei stets am Puls der Zeit. Im Jahr 1974 wurde vom Sömmerungsbetrieb auf Ackerbau und Milchviehhaltung umgestellt, seit 2000 liegt der Schwerpunkt bei der Rindviehmast sowie dem Acker- und Gemüsebau. Seit 2005 produziert der Schmitterhof als besondere Hofspezialität weissen Spargel im sandigen Boden am Alten Rhein. Aktuell wird der Schmitterhof in der dritten Generation von Fabian Kummer geführt. Vater Walter kümmert sich aber noch heute um gewisse Aufgaben und auch Mutter Erika ist zur Stelle, wenn Not am Mann (bzw. der Frau) ist.
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